»Die Ärztin der Pharaonin« ist eine leichte Lektüre mit fundierten Informationen zur Heilkunst der alten Ägypter, verknüpft mit einer klassischen Liebesgeschichte, die von der Autorin Inge Lützkendorf frei erfunden ist. Der historische Rahmen in dem sich die Geschichte bewegt entspricht der Wirklichkeit es ist die Zeit der 18. Dynastie, um 1400 v.Chr.
In diesem historischen Roman steht im Mittelpunkt eine Ägypterin, die als Ärztin fungierte. Die Autorin hat ihre Hauptperson frei erfunden, zieht aber gewisse Parallelen zu ihrem eignen vergangenen Leben und Sterben; Sie selbst war eine engagierte Ärztin, die aufopferungsvoll den Menschen geholfen hat. Hiermit erschien ihr letzter Roman.
In der Ich-Erzählweise schildert die Protagonistin des Romans, die gealterte ägyptische Ärztin, wie sich ihr Leben entwickelte, nachdem sie ihre Familie, bis auf ihren Vater, wegen einer Epedemie, verlor. Sie entdeckte für sich, bereits als Mädchen, das Interesse an der Heilkunst verbunden mit der Magie, während einer Reise nach Kreta. Wieder daheim, sollte einer Ausbildung im "Haus des Lebens" zur Ärztin, nichts mehr im Wege stehen. Ihre Entscheidung keine Familie zu gründen und ihr Leben ihrem Beruf zu widmen, sollte sie nicht bereuen. Kompetent und engagiert betreut und behandelt sie ihre Patienten. Sie wird auch zur persönlichen Ärztin der Pharaonin Hatschepsut am königlichen Hofe berufen. Sie beschäftigt sich mit den Heilpflanzen und erlernt weitere Zusammenstellungen von Heilmitteln im Dienste der Gesundheit sowie die Anwendung von natürlichen Mitteln zur Pflege des Körpers.
Eigentlich ungewöhnlich für eine Frau im alten Ägypten in der Epoche des Neuen Reiches, denn blieb dieser Beruf doch den Männern vorbehalten. Zudem waren Ärzte im alten Ägypten oft auch Priester. Die Ärztin wirkt im Roman ohne dieses Amt.
Nach Jahren der Unabhängigkeit, Vervollkommnung ihres Wissens und Ausübung ihrer beruflichen Arbeit verliebt sich die Ärztin ausgerechnet in den dereinst höchsten Mann im Staate, Senenmut, den engsten Vertrauten und Berater der Königin Hatschepsut. Senenmut ist eine historische Figur, die heute in einem etwas zweifelhaften Lichte steht, was sein Abgang auf der politischen Ebene anbelangt.
Dieser Mann erwiderte die Gefühle der Ärztin. Derer leidenschaftliches Geheimnis, ihre Liebesbeziehung, sollte einige Jahre währen. Bis sich am Hofe der Königin Intrigen auftun, von da an ist ihr beider Schicksal besiegelt ...
Das Ende des Romans ist sehr mitfühlend dargestellt und greift das irdische Ende der Autorin nochmals auf. Für weibliche Leser sicherlich mehr von Interesse. Überhaupt wirkt die Lebensgeschichte der Ärztin im alten Ägypten, mehr auf Frauen dieser Tage, als auf Männer. Weil einerseits aus der Sicht einer Frau geschildert sowie viel Wert auf Emotionen und leise Töne gelegt wird.
Wie eingangs schon erwähnt beschäftigt sich der Roman auch mit der Heilkunst im alten Ägypten. Historische Behandlungsmethoden und Rezepte sind in die Handlungen eingefädelt. So zum Beispiel Praktiken und Mittel bei Augenleiden, oder wie man eine Schwangerschaft abbricht.
Sachlich gut dargestellt ist auch der politische und kultische Teil der Zeit in der Hatschepsut herrschte. So erfährt der Leser vieles über die Festlichkeiten, die Rituale oder die Mumifizierung der alten Ägypter. Kennt man die historisch belegten Ereignisse aus dieser Regierungszeit, findet man sich sehr schnell zurecht in der Welt der Ärztin. Der geschichtliche Rahmen ist im großen uns ganzen so wiedergegeben wie es neuere Forschungsergebnisse publizieren. Natürlich sind aber viele Details auch frei erfunden, wie beispielsweise das Ableben von Senenmut. Um all dies zu trennen sind ägyptologische Kenntnisse von Vorteil.
Ein kleines ägyptologisches Manko hat sich aber doch eingeschlichen: im Roman wird das sogenannte "Sedfest" (kultisches Erneuerungsfest des Königs) verkehrt geschrieben, nämlich Sethfest was einen an den Gott Seth erinnert.
Fazit: Eine schöne Geschichte über eine kluge und talentierte Ärztin im alten Ägypten. Für Interessierte an Heilkunst eine schöne Ergänzung im Sachbereich und gleichzeitig kurzweilige Unterhaltung. Wer sich für Hatschepsut und ihre Zeit interessiert, profitiert um abzutauchen in eine ungewöhnliche politische Periode im alten Ägypten.
Man darf mit »Die Ärztin der Pharaonin« eine kurzweilige anspruchsvolle Literatur erwarten, mir einer eher ruhig dahinfließenden aber dennoch lebhaften Geschichte.
(© Mein-Altaegypten.de, im August 2009, Anja Semling)
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