Teilweise beruhend auf dem sogenannten "Papyrus Westcar" liegt dieser historische Roman "Cheops" von Nagib Machfus, der bereits 1939 im Heimatland des Autors, Ägypten, veröffentlicht wurde, nun erstmalig in deutscher Sprache vor. Jahrzehnte später erhielt Nagib Machfus als bislang einziger arabischer Autor den Literaturnobelpreis für seine zahlreichen und erfolgreichen Werke; "Cheops" ist eines davon.
Die ganze Geschichte des Romans spielt zur Zeit des Pyramidenbaus als der mächtige Pharao Cheops über Ägypten herrschte. Cheops, stets in der Annahme sein Schicksal selbst lenken zu können wird bald darauf eines Besseren belehrt doch bis dahin vergehen noch etliche, ereignisreiche Jahre für ihn und den weiteren Helden der Geschichte
Nachdem ein Zauberer dem Pharao verkündet, dass ein soeben Neugeborenes eines Priesters in der Stadt Un, einst Pharaos Nachfolger sein wird, will Cheops dies verhindern; das Neugeborene soll kurzerhand getötet werden. Auf der Suche nach ihm wird aber das Falsche umgebracht, da der spätere Thronnachfolger längst die Stadt Un mit seiner Mutter und einer Dienerin verlassen hatte.
Im Glauben daran, das vom Schicksal auf den Plan gerufene Neugeborene sei tot, regiert Pharao unbeirrt weiter. Doch ganz in der Nähe seines Königshofes wächst das Kind, namens Dadaf, in glücklicher Kindheit auf. Das Schicksal meint es gut mit ihm und eines Tages wird der junge und talentierte Dadaf sogar zum Heerführer der königlichen Armee berufen. Wieder seinem, bis dahin für ihn noch unbekannten Ziel ein Stück näher, zeigt Dadaf abermals was in ihm steckt: er rettet des Kronprinzen Leben, führt Pharaos Heer in den Sieg und hat schließlich auch Glück in der Liebe. Längst hatte er sich in Pharaos Tochter verliebt, welche nun auch seine Liebe erwidert.
Cheops, inzwischen alt und weise geworden entgeht nur knapp vor seinem irdischen Tod einem Attentat, welches Dadaf vereitelt und somit auch Cheops die Chance gibt, nochmals über sein eigenes vergangenes Leben nachzudenken. Der Pharao erkennt, dass Dadaf der wahre Nachfolger seines Amtes sein soll und ernennt ihn kurzerhand zu seinem rechtmäßigen Thronerben, legitimiert durch seine Tochter.
Auch wenn die Jugendzeit des Dadaf manchmal etwas ausschweifend und kleinschrittig erzählt ist, so zeichnet sich für den Leser durchaus ein sehr lebendiges Bild all der Personen ab, die in der Geschichte spielen. Das Besondere daran ist nämlich, dass der Autor es schafft bildreich und doch einfach erzählt die Charaktere darzustellen, quasi ohne überflüssigen "Schnickschnack" der nichts zur Sache beiträgt. Insgesamt ist der Schreibstil für den Leser in einer klaren Sprache und ohne vermeintlich komplizierte geschichtliche Zusammenhänge, ein wahrer Lesegenuss. Nie kitschig oder blumig erzählt, sondern immer auch aufs Wesentliche bedacht.
Obwohl der Autor hier und da die historische Genauigkeit des alten Ägypten wissentlich übergeht, so trägt dies in keinster Weise zu einer qualitätsmindernden Handlung bei, denn die einzelnen Individuen und deren Erlebnisse, sind die zentralen Aspekte der Geschichte. Übertragbar auf heute ist die Erzählung insofern, da der Autor dem Leser die Botschaft sendet, dass selbst die mächtigsten Herrscher das Schicksal nicht beeinflussen können nach ihrem eigenen Willen, zum Wohle oder Unwohle des Landes. Machfus kritisiert nämlich unterschwellig die Autorität eines allmächtigen Herrschers und läßt den Begabten (hier Dadaf) siegen.
Wer sich ein Zuviel an Action, Mystik, Personenkult oder komplexen Handlungsabläufen unter diesem Roman "Cheops" vorstellt, der sollte besser das Buch nicht zur Hand nehmen. Dieser Roman lebt von einer liebevollen sowie spannungsreichen Erzählweise und wird somit zu einem zauberhaften Lesevergnügen für all jene, die gerne ins Alte Ägypten eintauchen mögen, um die Atmosphäre einer längst vergangenen Zeit zu erahnen.
Fazit: ein Roman, welcher von Helden aber auch einfachen Personen erzählt und markante Bereiche wie Macht, Intrige, Liebe oder Sterblichkeit, zu neuem alten Dasein erweckt. Ein Muss für anspruchsvolle Romanleser!
(© Mein-Altaegypten.de, im Dezember 2005, Anja Semling)
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