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Historischer Roman: Der Seher des Pharao

Buch

  • Verlag: Piper
  • Autor: Pauline Gedge
  • Erscheinungsdatum: September 2009
  • Seitenzahl: 522
  • Auflage: 1. Auflage
  • Einband: broschierte Ausgabe
  • Aus dem Englischen, 2008
  • Originaltitel: The Twice Born
  • ISBN: 978-3-4922-6330-6

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Der historische Roman »Der Seher des Pharao« von der bekannten Schriftstellerin Pauline Gedge, handelt von dem jungen Ägypter namens Huy und dessen Lebensgeschichte, die er von seinem 4. bis 19. Lebensjahr durchlebt. Laut Umschlagtext des Buches wird Huy nach seiner Wiedergeburt, die er in seinem 12. Lebensjahr erfährt, an den Hof des Pharao gerufen. Von seiner Wiedergeburt bis hin zur Ankunft am Hofe, hat der Leser jedoch schon das Allermeiste gelesen, denn diese Begebenheit geschieht erst im 18. Kapitel von insgesamt 19 der ganzen Geschichte, die frei erfunden ist; insofern ist der Buchtitel etwas irreführend. (Die englische Originalausgabe hat übrigens den passenderen Titel "The Twice Born".)

Zum Inhalt:
Entwickeln tut die mystische Geschichte sich in Ägypten zur Zeit der 18. Dynastie unter Pharao Thutmosis III. Der als Bauernsohn geborene junge Huy darf aufgund seiner intellektuellen Begabung an der Tempelschule lernen gehen. Dort tötet ihn alsbald ein neidischer Mitschüler in einem Streit. Huy findet sich im Reich der Götter wieder, wo er auf den weisen und mächtigen Imhotep trifft. Dieser stellt Huy vor eine Entscheidung, die ihn in sein diesseitiges Leben zurück bringen könnte: Huy soll das Buch des großen Gottes Thot lesen.

Wiederauferstanden von den Toten kehrt Huy also in sein Dorf zurück und stiftet zunächst Verwirrung unter seinen Leuten, da diese ihn für tot glaubten. Eine Heilerin und ein Priester nehmen sich seiner an und bewirken dass er wieder auf seine alte Schule gehen kann, wo er zum Schreiber ausgebildet wird. Bald wird Huy bewußt, dass er eine göttliche Gabe in sich trägt, die ihm die Götter mit auf den Weg gegeben haben: er hat Visionen und kann somit in die Zukunft blicken. Auch kann er mit den Göttern in Kontakt treten.
Seine Lehrer sind fortan noch hochrangige Priester, die in Huy diese Begabung erkennen und ihn für den "Auserwählten" halten. So bekommt er schließlich seine Aufgabe zugeteilt, nämlich das Buch des Thot zu lesen – was sich aus mehreren Papyri-Rollen an verschiedenen Orten in Ägypten, zusammensetzt. Huy beschäftigt sich mit dem Buch über einen längeren Zeitraum mit Unterbrechungen. Er kann aber nur schwer die Botschaft darin erkennen, vieles ist für ihn rätselhaft. Es geht um die Schöpfung, um Atum als Schöpfergott und die Neunheit sowie weiteres aus der altägyptischen Mythologie.

Während Huy das Buch liest, geht er weiterhin zur Schule und trifft sich mit seinem Freund. Mittlerweile ist er dank seines einzigen Freundes Thutmosis, in dessen Familie als stets willkommener Gast aufgenommen worden. Huy ist glücklich und zugleich erschöpft wegen seiner irdischen Aufgabe von Imhotep – das Lesen des Buches –, dieser Aufgabe er ja sein zweites Leben zu verdanken hat. Huy merkt aber bald, dass ihm diese göttliche Gabe zum Werkzeug Atums macht! Und ihm wird bewußt, dass er seinen eigenen Weg, wie ihn Normalsterbliche gehen können, nun nicht mehr gehen kann. Sein Hauptproblem ist vor allem auch, dass seine sexuellen Erfahrungen mit Frauen nie erfüllt werden würden. Huy wird zunehmend unglücklicher und sehnt ein normales Leben herbei.

Bis er sich schließlich Seiner bekennt und nach Schulabschluß fortan in Armut lebt und Kranke zu heilen beginnt. Davon erfährt auch der Pharao und so kommt es, dass dieser ihn zu sich ruft. Huy der Prophet und Heiler, welche er nie werden wollte, bekommt eine weitere Aufgabe (von Atum) zugeteilt ...

Meinung:
Die erfundene Lebensgeschichte des Huy hat einen Bezug zum historischen "Amenophis, Sohn des Hapu" (18. Dynastie) – dieser wurde von den Ägyptern damals als Weiser, Zauberer und Heiliger verehrt und lebte am Hof des Pharao. Da die Autorin erst am Ende ihres Buches Huy als Seher des Pharao auftreten läßt, beschäftigt sich der größte Teil mit den Lebensjahren Huys vor diesem Ereignis. Bei einem Umfang von über 500 Seiten erfährt der Leser viele Einzelheiten aus Huys Jugendjahren: seine Schuljahre, Freundschaften, Gedanken (sind kursiv abgedruckt im Buch), Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht, und weiteres. Allerdings stellenweise auch recht langatmig beschrieben. Außer seinem tragischen Tod, wenig aktive Höhepunkte. Diese sind vielmehr im geistigen Bereich zu suchen, als er seine innere Verwandlung durchmacht.
Gut dargestellt von der Autorin sind die Unterschiede der Stände im alten Ägypten. Im Buch einerseits die Schicht der ganz einfachen Leute wie Bauern, im Gegensatz zu den Adligen sowie Priestern. Dieser sozialkritische Aspekt spiegelt sich im ganzen Buch wider. Die bildhaften Beschreibungen unterstützen dies noch.

Offensichtlich ist der »Seher des Pharao« Auftakt einer Trilogie. Leider findet sich im Buch nirgends ein Hinweis darauf. Einzig der Umschlagtext verrät Informationen die darauf hindeuten könnten. Nämlich die Begegnung Huys mit der Prinzessin Senetamu, welche in vorliegendem Buch nicht vorkommt.

Empfehlenswert ist dieser Roman für Leser die gerne tiefgründige und mystische Geschichten lesen. "Der Seher des Pharao" ist ein Fantasieroman mit viel Gefühl und wenig Action. Die Leidens- und Jugendjahre des Protagonisten Huy sind sehr authentisch dargestellt, fesseln aber erst nach einer gewissen Zeit.

Das Thema welches die Autorin aufgreift mit ihrem Roman, die spirituelle Seite des Lebens in einer anderen Wirklichkeit, ist geradezu prädestiniert für das alte Ägypten. Und somit eine perfekte Rahmenkulisse. Noch heute sehnen sich viele Menschen nach solchen übersinnlichen Kräften, die aus einer unsichtbaren Welt zu kommen scheinen. Huy ist der erfundene(!) Beleg dafür, dass sich diese Kräfte auch im menschlichen Wesen zeigen. Insofern für Leser mit Faible für Übersinnliches ein schönes Buch. Aber ebenso für Altägyptenliebhaber die ein genaues und authentisch wiedergegebenes Bild des alten Ägyptens mit seinen Menschen mögen.

Leser mit ägyptologischen Kenntnissen sind im Vorteil, denn es findet sich kein Glossar zur Begriffserklärung im Roman.

(© Mein-Altaegypten.de, im Januar 2010, Anja Semling)

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