Vorliegende Buchausgabe mit dem schlichten Titel »Mumien« erschien Mitte des Jahres 2005 im Verlag Albatros (Patmos Verlag) und lag in Erstausgabe bereits im Jahre 1991 vor, mit dem etwas längeren Titel: »Mumien Zeugen des Pharaonenreiches«. Die Autorin des Buches ist die Ägyptologin (und Biologin) Dr. Renate Germer, die seitens des Kestner Museums, große Unterstützung für ihr Werk erhielt; insbesondere zu Ergebnissen durchgeführter Untersuchungen an Mumien.
In handlichem Format (14 x 21 cm) und gebundener Ausgabe ist dieses Buch ein absolut gelungener Einstieg sowie Überblick in die Welt ägyptischer Mumien. Eingeteilt in 34 Kapitel, verteilt auf knapp 200 Seiten, die flüssig zu lesen und sehr gut zu verstehen sind, was das Thema im Kontext zur altägyptischen Kultur anbelangt und darüber hinaus, erfährt der Leser Wesentliches, aber auch Details, zu verschiedenen Bereichen dieser faszinierenden Zeugen der Vergangenheit.
Wie schon erwähnt befaßt sich die Autorin mit ägyptischen Mumien, welche einen wichtigen Aspekt im Totenkult und der Religion der alten Ägypter darstellen. Denn im Glauben der alten Ägypter benötigte die Seele den Körper als ewigen Aufenthaltsort, nach dessen Ableben.
Von Mumien, die einst auf natürliche Weise konserviert wurden, von kuriosen Mumien-Schicksalen in der Vergangenheit insbesondere im alten Europa, von Mumifizierungstechniken bis hin zur modernen Mumienforschung heutzutage, berichtet die Autorin in ihrem Werk.
»Körper für die Ewigkeit« werden die Mumien mitunter auch bezeichnet und ziehen noch heute die Menschen in ihren Bann. Vielfach werden jene als Vorlage für Gruselfilme leider mißbraucht die Autorin räumt insofern damit auf, dass es weder einen Mumienfluch gibt, noch Gründe dafür, die Mumien als generell gruselig abzustempeln.
Ihre präzisen und kompakten Darstellungen liefern der Leserschaft fachkundige und sachliche Auskunft darüber, wie die Mumien vorwiegend seitens der Wissenschaft erklärt werden sowie Ergebnisse zu durchgeführten Untersuchungen an Mumien, der letzten Jahrzehnte.
Das Buch beginnt nach einer kurzen Einleitung damit, welch' Schicksal mit einer Vielzahl an Mumien geschah, als die altägyptische Kultur nicht mehr in ihrer originären Form existierte; so wurden aus Mumien beispielsweise: Heilmittel gemacht, Papier erzeugt oder als Souvenire gesammelt, weltweit.
Der weitaus interessantere und wissenschaftlichere Teil beschäftigt sich mit der Mumifizierungstechnik, die im Laufe der Geschichte an Perfektion erfuhr. Ganz zu Anfang in der pharaonischen Historie experimentierten die Ägypter noch mit der Kunst der Konservierung an Körpern, denn diese verwesten schlechthin nach der Bestattung in luftdichte Särge und Grabkammern. Naturmumien, welche Mutter Natur schuf, waren letztlich Vorbild der ägyptischen Mumien, denn jene wurden aufgrund Ägyptens' Klima, schon in prähistorischer Zeit, auf natürliche Weise konserviert. Je mehr Aufwand aber die Ägypter für ihre Bestattungen betrieben, die untrennbar verbunden mit ihren religiösen Vorstellungen standen, desto weniger erhielten sich ihre leblosen Körper, weil diese eingeschlossen waren in Särgen und damit die Luftventilation fehlte.
Diese Feststellung dereinst, führte sodann zu ersten Experimenten mit den toten Körpern; die Ägypter entfernten beispielsweise die Eingeweide, und dies wohl ab Ende der 3. oder Anfang der 4. Dynastie (um 2600/2500 v.Chr., Altes Reich). Das sogenannte Natron wurde zusehends ein wichtiger Bestandteil der klassischen Mumifizierung.
Wie es weiterging mit der Geschichte der Mumifizierungstechniken die Jahrhunderte hindurch, berichten weitere Kapitel, so z.B.: unterschiedliche Balsamierungsmethoden werden erklärt, wie das Gehirn entfernt wurde, was mit den Eingeweide passierte, wo einbalsamiert wurde, wie der Körper desweiteren behandelt wurde, und vieles mehr. Dabei folgt die Autorin stets dem chronologischen Zeitablauf der geschichtlichen Entwicklung der Mumifizierung. Denn waren die Techniken im Alten Reich noch nicht so ausgereift wie später im Mittleren Reich und erst recht im Neuen Reich, darüber hinaus Techniken in der sogenannten ägyptischen Spätzeit; es gab unterschiedliche Balsamierungsmethoden in den verschiedenen Epochen.
Einige Fallbeispiele von Mumien vertiefen das Ganze, so werden z.B. die bekannten Königsmumien: Tutanchamun und Ramses II., je nach Kapitel herangezogen, aber auch gewöhnliche. Auch Kindermumien und Tiermumien finden ihren gebührenden Platz im Buch. Gleichfalls berichtet die Autorin über Mumienverstecke, das sind Plätze an denen noch in pharaonischer Zeit, als Grabräuber ihr Unwesen trieben, ägyptische Priester zahlreiche Königsmumien sozusagen in Sammelgräbern versteckten.
Weitere Themen wie: Bestattungsrituale, Werkzeuge des Balsamierens, magischer Schutz für Mumien, Blumenschmuck an der Mumie, Mumienbinden aus Stoffen, Pflanzenduftstoffe an Mumien, ergänzen das vielfältige Spektrum rund um die ägyptischen "Körper für die Ewigkeit".
Im letzten Drittel des Werkes »Mumien« geht es um multidisziplinäre Forschung, Krankheiten der damals lebenden Ägypter, neue Wege der Forschung, Computertomographie, röntgentechnische Untersuchungsmethoden unserer Zeit und daraus resultierend, Erkenntnisse damaliger Lebensbedingungen. Anhand der Mumien lassen sich auch Krankheiten oder Todesursache feststellen, ggf. Sterbealter.
Ergänzt werden sämtliche Kapitel mit Schwarzweiß-Illustrationen oder -Fotos, die stets im Zusammenhang mit dem Text stehen. Insofern kann sich der Leser ein noch genaueres Bild machen.
Dies beachtlich "kleine" Werk ist zwar nicht mehr auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft hinsichtlich neuester ausgewerteter Erkenntnisse über Mumien man denke an die erst unlängst, mittels Computertomographie, untersuchte Königsmumie Tutanchamuns bietet aber einen fundierterten Überblick über die wesentlichen Aspekte rund um Mumien. Sehr zu empfehlen und zudem ein fabelhaftes Preis-Leistungsverhältnis.
(© Mein-Altaegypten.de, im Mai 2007, Anja Semling)
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