Unter dem Titel »Who is who im alten Ägypten« von dem Ägyptologen Toby Wilkinson, liegt der Leserschaft ein Werk vor, das eine bunte Mischung an Kurzbiografien von unterschiedlichen Persönlichkeiten aus dem alten Ägypten, in sich vereint. Erschienen ist das 336-seitige Buch im Verlag Zabern im Jahre 2008.
Im Mittelpunkt dieser reich bebilderten Dokumentation steht der Mensch im alten Ägypten. Genau hundert Personen versammelt das Werk: 89 Männer und 11 Frauen aus der Pharaonenzeit von der Frühzeit bis hin zur sogenannten Ptolemäerzeit, ca. 3000 bis 30 vor Chr. Gegliedert in sieben Teile, die je eine bestimmte Epoche mit einigen ihrer Menschen zum Thema haben, erschließt sich dem Leser ein umfangreicher und vielfältiger Einblick auf diese untergegangene Hochkultur. Jedem behandelten Teil geht ein knapper geschichtlicher Abriss voraus. In diesem sind auch Personen, die im Buch vorkommen integriert und nummeriert als Hinweis. Die sieben Kapitel, denen eine Einführung vorsteht, nennen sich wie folgt: Grundlagen, Das Zeitalter der Pyramiden, Bürgerkrieg und Restauration, Im Goldenen Zeitalter, Die große Häresie, Das ägyptische Reich, Götterdämmerung. In jeder dieser Phasen werden zwischen 8 und 18 Persönlichkeiten besprochen, jede davon repräsentiert sozusagen jene Epoche, in der die Person gelebt hatte.
Der breiten Öffentlichkeit werden, wenn es um markante Leute aus dem alten Ägypten geht, meistens Könige und Königinnen in Medien (Buch, CD, Film,...) vorgestellt. Mit diesem Buch aber werden neben bedeutenden Pharaonen, wie Cheops, Pepi II., Echnaton, Tutanchamun, Ramses II. und andere, auch "gewöhnliche" Personen wie Beamte, Priester, Künstler, Vizekönige, Wesire, Schreiber, Handwerker im Dienste des Königs oder Ärzte präsentiert. Diese repräsentative Auswahl lebte einst in Städten und Dörfern des ländlichen Ägypten.
Der überwiegende Anteil der Personengruppen bezieht sich auf die Elite Ägyptens, die kleinere gebildete Klasse; einige wenige aus der Mittelschicht, z.B. eine Frau, die ihre Kinder enterbte oder der Serienverbrecher Paneb aus Deir el-Medine. Aus der untersten Gesellschaftsschicht, die einfachen Arbeiter und Bauern, der größte Teil der Bevölkerung, finden sich allerdings keine Personen-Beschreibungen im Buch wohl viel zuwenig, unsicheres oder garkein Quellenmaterial vorhanden. Die Quellen der authentischen Lebensumstände sowie Ereignisse aus dem einstigen Dasein, dieser Männer und wenigen Frauen aus den oberen Schichten, gründen in Inschriften auf Papyri, Grabwänden, Tempel oder Gegenständen.
In chronologischer Reihenfolge erfährt der Leser Details und Biografisches aus dem Leben dieser Persönlichkeiten. Jeder sind etwa 13 Seiten gewidmet, umrahmt von Bildmaterial. In sachlich-lebendigem Stil geschrieben sind die kurzen einhundert Artikel für Interessierte sehr gut verständlich. Die klar strukturierte Zusammenstellung der Inhalte Epochen und Personen-Darstellungen, läßt zu, die Inhalte auch querzulesen. Somit kann man sich jene ägyptische Persönlichkeit aussuchen, die einen gerade interessiert. Ob "Nofretete, die Gemahlin Echnatons" oder "Herihor, Großer Vorsteher der Armee" oder "Hemiunu, Bauleiter aus dem Alten Reich", allen ist gemeinsam, dass sie je ihr individuelles Licht auf die altägyptische Gesellschaft werfen. Ließt man das Buch von der ersten bis zur letzten Buchseite, in chronologischer Reihenfolge, ergibt sich somit eine Dokumentation der pharaonischen Geschichte mit dem Schwerpunkt auf die Protagonisten. Ziel dieses Buches ist es: "Geschichte und Kultur des alten Ägypten über das Leben seiner Bewohner zu erkunden, ihnen eine eigene Stimme zu geben." So der Autor in der Einführung.
Die Ausführungen zu den 100 Zeitzeugen in dem Buch, geben lediglich einen facettenhaften Einblick aus deren Leben wieder. Vieles bleibt für immer im Dunkel der Geschichte, insbesondere die persönlichen Charaktereigenschaften und individuellen Gedanken jener. Trotzdem zeichnet sich zu jeder Person ein grobes Bild im Kontext der Geschichte ab.
Leider bleibt der Blick auf das Leben der Hälfte der ägyptischen Bevölkerung, nämlich die Frauen, uns ziemlich verborgen, was sich in "Who is who" auch bemerkbar macht ausgenommen das der Königinnen. Die altägyptische Kultur spricht vorwiegend durch männliche Sichtweisen zu uns.
Die Berufe, die Rollen und Titel, die Aufgaben, die Familienverhältnisse, der Wohnort oder die Besitztümer, um nur einige Aspekte zu nenen, sind wesentliche Details aus den gelebten Leben jener 100 Ägypter, die der Leser erfährt. Man darf mit "Who is who" keine Biografien erwarten, sondern ein Versuch ein detailgetreues und stimmiges Bild einzelner Ägypter für den interessierten Leser zu skizzieren eingebettet im Kontext der Historie.
Eine originelle Idee, ägyptische Geschichte dem interessierten Laien, an den sich das Buch vorzugsweise wendet, näherzubringen. In stabilem Hardcover mit schönem Schutzumschlag und großzügigem Format sowie Seitenumfang, wird das Buch den beeindruckenden historischen Persönlichkeiten, die es in sich versammelt, durchaus gerecht.
(© Mein-Altaegypten.de, im Dezember 2008, Anja Semling)
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