In aller Kürze: Eine der ersten Publikationen in deutscher Sprache, die sich mit dem neu entdeckten Grab 63 im Tal der Könige beschäftigt. Sie zeigt neben vielen Informationen, wissenschaftliche Zeichnungen von den Särgen aus dem Grab.
Das »Tal der Könige« in Ägypten öffnet uns ein Tor in die Vergangenheit die über 3000 Jahre zurückliegt, als die Welt am Nil belebt war von Gottkönigen und ihren Untertanen. Diese untergegangene Kultur hinterließ der Menschheitsgeschichte einzigartige Zeugnisse ihrer Hochkultur, so auch die herrlichen in Felsen geschlagenen Gräber im Tal der Könige in Theben-West. Exakt 63 Gräber sind bislang entdeckt worden, das letzte im Jahre 2005 von einem amerikanischen Ausgrabungsteam. Es ist ein Schachtgrab, das sechs anthropoide Holzsärge, 2 vergoldete Kanopen und 28 große versiegelte Vorratsgefäße aus Ton, zehn Kissen sowie ein zerlegbares Holzbett, beinhaltete, rund 6 Meter tief unter der Erde ein wahrer Glücksfall für die Wissenschaft. Datiert wird dieser Fund in die späte 18. Dynastie, ca. 1340-1270 v.Chr., zur Zeit des Neuen Reiches.
Mit vorliegendem Buch, das als Ausstellungskatalog konzipiert ist, kann der interessierte Leser sich aktuelle Informationen zu dieser neuen Grabentdeckung beschaffen und zu einigen wesentlichen, bislang ausgewerteten Untersuchungsergebnissen. Obschon vieles noch im Dunkel liegt was die Identifizierung der Grabeigentümer angeht und darüber hinaus. Diese Ergebnisse sind in Zusammenstellung mit abgedruckten wissenschaftlich angefertigten Zeichnungen von der Epigraphikerin Susan Osgood, in dem Buch aufbereitet. Diese Dokumentationen der Funde aus Grab 63 sind nicht vergleichbar mit Fotografien, sondern haben ihren ganz eigenen Stellenwert in der forschenden Archäologie. Im Buch wird näher darauf eingegangen.
In erster Linie dient diese Publikation den Besuchern der Ausstellung »Das geheimnisvolle Grab 63 Die neueste Entdeckung im Tal der Könige«. Diese ist zu sehen in Bonn (27.11.0930.5.2010) und in Hannover (1.7.20107.11.2010). Die Publikation und die Ausstellung zeigen auch archäologische Fundstücke aus den Museen in Bonn und Hannover sowie Malereien von Susan Osgood. Diese künstlerischen Arbeiten sind während ihrer Aufenthalte in Ägypten entstanden, die ihre Eindrücke vom Land zeigen. Somit gliedert sich das Buch in drei Schwerpunkte (mehr dazu weiter unten).
Darüberhinaus bietet der Katalog exzellente Informationen für Interessierte, die die Ausstellung noch nicht besucht haben oder sich unabhängig davon ein genaues Bild über das Grab 63 machen möchten sowie über die Tätigkeiten hinsichtlich des "Epigraphic Survey" in Luxor. Das amerikanische Institut leistet einen wertvollen Beitrag zur sorgfältigen Dokumentation ägyptischer Altertümer.
Das Buch ist zweisprachig: Deutsch und Englisch. Jedem Kapitel in Deutsch folgt die englische Version. Mehrere Autoren waren an dem Buch beteilgt:
Susan Osgood (Epigraphikerin), Michael Höveler-Müller (Ägyptologe), Marianne Eaton-Krauss (Ägyptologin), Otto Schaden (Ägyptologe), Christian E. Loeben (Ägyptologe), W. Raymond Johnson und Maria Weigel.
Durchgängig mit farbigen Fotografien werden die Themen veranschaulicht. Desweiteren viele detaillierte Schwarzweiß-Zeichnungen von Susan Osgood zu Grab 63, vorwiegend zu den ägyptischen Särgen; aber auch weitere Arbeiten, die Sie für das Epigraphische Survey erstellt hat.
Zum Inhalt:
Gegliedert ist das Werk in drei Hauptkapitel: Grundlagen / Archäologie / Kunst. Bevor darauf näher eingegangen wird erfährt der Leser wie die Ausstellung zustande kam und Biografisches und Persönliches zur Künstlerin und Epigraphikerin Susan Osgood. Sie selbst beschreibt kurz ihren Weg wie Sie zum epigraphischen Institut (Chicago) gekommen ist; und auch Ihr Verhältnis zum Zeichnen und Malen an sich. Dabei wird rasch klar, wie Susan Osgood eine Professionalität für ihre Arbeit entwickeln konnte.
Im Kapitel Grundlagen von dem Ägyptologen Michael Höveler-Müller bekommt der Leser sehr gute Informationen geliefert über das Tal der Könige: Entstehungsgeschichte, religiöse Bedeutung für die alten Ägypter, bildliche Dekoration der Königsgräber, architektonische Entwicklung der königlichen Gräber sowie Wesentliches zu den Totentempeln und Privatgräbern in Theben-West. Danach folgt die Entdeckungsgeschichte von Grab 63 von dem Ägyptologen Otto Schaden, welcher das Grab im Jahre 2005 entdeckt hatte. Um die Untersuchungsergebnisse der Wissenschaft zu untermauern bezüglich der Verwendung von Grab 63 in der Antike, liefert der Beitrag über die sogenannten Einbalsamierungsdepots im Tal der Könige Informatives. Das Insitut "Der Epigraphische Survey" (Chigago House) in Luxor leistet wichtige wissenschaftliche Arbeit im Tal der Könige, darauf wird in einem extra Artikel, unter "Grundlagen", ausführlich eingegangen. Das Chicago House hat eine Zeichenmethode entwickelt, die in diesem Artikel schön erklärt wird.
Der zweite Schwerpunkt im Buch, das Kapitel Archäologie, zeigt die Zeichnungen von Susan Osgood die Sie von den Holzsärgen aus Grab 63 angefertigt hat. Ausführliche Begleittexte zu jeder Zeichnung gibt es leider keine. Diese Arbeiten entstanden in den Jahren 2006 und 2009 unter dem Projekt KV63/Amenmesse-Projekt. Weitere Informationen über Osgoods Arbeit am epigraphischen Institut in Luxor beschreibt ein weiterer Artikel. Anhand der sehr detaillierten Zeichnungen neben einigen Fotografien, kann sich der Leser ein genaues Bild davon machen wie einige der Särge 2006 in situ (Fund in der Originallage) gefunden worden sind. Die Zeichnungen sind von hoher Exaktheit und Professionalität.
Da das Buch aufgrund der Ausstellung »Das geheimnisvolle Grab 63 Die neueste Entdeckung im Tal der Könige« geschaffen wurde, sind im gleichen Kapitel Ausstellungsstücke aus dem Umfeld des Tals der Könige aus den ägyptischen Museen in Bonn und Hannover vorgestellt. Jedes Stück mit Farbfotografie und ausführlicher Beschreibung.
Das dritte und letzte Hauptkapitel hat den Schwerpunkt Kunst von Susan Osgood. Ihre freien Arbeiten, die Sie geschaffen hatte in Form von Malerei zeigen ihre Eindrücke von Ägypten und seinen Menschen heute. 25 Bildmotive sind im Buch abgedruckt. Diese stehen in extremem Kontrast zu Ihren zeichnerischen Arbeiten, die Sie im Auftrag des "Epigraphic Survey" erarbeitet hatte.
Fazit:
Eine gelungene Zusammenstellung verschiedener Bereiche, die ihren spezifischen Beitrag zur Erforschung des Grabes 63 leisten. Zum einen in Form einer Ausstellung, welche auch dem breiten Publikum das Grab näher bringt. Und in Form der Dokumentation, die für präzises Arbeiten von wissenschaftlichen Untersuchungen unerläßlich ist. In dieser Publikation erfährt der Leser ausführliche Informationen zu einem der derzeit spannendsten und geheimnisvollsten Projekte aus der Ägyptologie, nämlich das um Grab 63 im Tal der Könige.
Die zeichnerischen Arbeiten von Susan Osgood bereichern die Publikation ungemein, denn diese Art der Dokumentation findet sich nur in wenigen populärwissenschaftlichen Fachbüchern. Damit zeigt sich die Ägyptologie mal von einer ganz anderen Seite. Vielleicht hätte man aber den Katalog der Zeichnungen von den beiden Katalogen der Ausstellungstücke, im Buch besser voneinander trennen sollen, indem man Letztgenanntes in einem eigenen Hauptkapitel untergebracht hätte. Zur besseren inhaltlichen Trennung der beiden durchaus verschiedenen Themenbereiche (wiss. Zeichnungen versus Artefakte). Obwohl beides Gegenstand der Ausstellung sind.
Der spannendste Teil des Buches ist wohl der Artikel der über die Geschichte der Entdeckung des Grabes berichtet. Über Steinplatten und jahrtausendealtem Schutt lag unberührter Untergrund. Alles darunter Liegende war in den vergangenen 3200 Jahren vor menschlichem Zugriff bewahrt geblieben. Diese Tatsache führte das Team zur Grabkammer mit Beigaben. Sehr detailliert berichtet Otto Schaden über die Arbeiten, die danach folgten und die Arbeiten dauern hinsichtlich der Restaurierungen noch immer an.
Das Buch ist sehr zu empfehlen, denn der Leser gewinnt gute Einblicke zu einer archäologischen Entdeckung. Am Beispiel des Grabes 63, mit dem sich die Epigraphikerin Susan Osgood so intensiv zeichnerisch auseinandergesetzt hat, was das Buch eindrucksvoll wiedergibt.
Von Vorteil für Laien sind die Grundlageninfos zum Tal der Könige, die den Einstieg in die Thematik erleichtern, bzw. erweitern. Wenn man die Ausstellung noch nicht besucht hat, dann regt das Buch an, einmal hinzugehen um sich auch die Arbeiten von Osgood im Original anzuschauen. Als handliche broschierte Ausgabe bestückt mit zahlreichen Abbildungen liegt hiermit eine Publikation vor, die begeistert durch wissenschaftliche Genauigkeit und Kreativität im Sinne von realistischer Umsetzung von Artefakten.
Über Susan Osgood: Sie ist Mitglied des Teams um den amerikanischen Ägyptologen Dr. Otto Schaden, der im Jahre 2005 das Grab 63 entdeckt hatte. Die Amerikanerin Susan Osgood ist von Beruf Epigraphikerin und Künstlerin und arbeitet im Auftrag mit dem Epigraphic Survey, Oriental Institut, Universität of Chicago (Chicago House). Mehr Infos zu Ihr im Buch.
(© Mein-Altaegypten.de, im Januar 2010, Anja Semling)
|