In der Reihe “Gestalten der Antike“ (Zabern Verlag), erschien eine Biographie zur Pharaonin Hatschepsut. Die Biographie erhebt den Anspruch ein allgemeinverständliches Bild über diese herausragende Herrschergestalt aus dem alten Ägypten, zu zeichnen. Auf Grundlage gesicherter Quellenlagen und zeitgenössischer Inschriften, vor allem auf die Inschriften im Totentempel Hatschepsuts von Deir el-Bahari, widmet der Autor des Buches (Peter Nadig), damit der antiken Persönlichkeit eine informative und sachliche Darstellung; sie zeigt die zentrale Figur in der Gesellschaft und Kultur ihrer Zeit. Diese Lebensbeschreibung, die den Leser etwa 3500 Jahre an das Land am Nil zurück reisen läßt, behandelt fundiert die wichtigsten Stationen und Ereignisse im Leben der Königin. Sowie darüber hinaus ihr Umfeld und die damaligen Lebensumstände der Privilegierten.
Hatschepsut zählt heute zu den bekanntesten Pharaonen, vor allem wegen der Tatsache dass sie als eine der ganz wenigen Frauen, die Herrschaft in Ägypten damals inne hatte. Sie erhob sich mit Hilfe ihrer Unterstützer zum König von Ober- und Unterägypten. Dieses Amt bekleidete in der Regel immer ein männlicher Thronnachfolger. Aber bei Hatschepsut kam alles ganz anders. Obwohl sie ihren zunächst unmündigen Neffen Thutmosis III. als Mitregenten immer akzeptierte, hielt sie das Zepter der Macht, über 20 Jahre fest in ihrer Hand.
Wie es dazu kommen konnte beschreibt Nadigs Monographie er beschäftigte sich Jahrzehnte mit dieser außergewöhnlichen Frau.
Mit dem sogenannten Mythos von der göttlichen Geburt, läßt der Autor sein Werk beginnen. Dieser Mythos erzählt ausführlich die Geburt von Hatschepsut. Es ist eigentlich ein Bilderzyklus im Tempel von Deir el-Bahari. Damit wird dem Leser anfangs verdeutlicht, dass es sich bei Hatschepsut um ein übermenschliches Wesen handelte. Sie wurde in die Zeit des Neuen Reiches hineingeboren. Das Königtum war voll entwickelt. Dieser einzigartige Fall in der ägyptischen Geschichte, wo eine Frau Herrscherin von Ägypten wird, umreißt der Autor zunächst in seiner Einführung. Der Leser erfährt, dass sich Hatschepsut während ihrer Regierungszeit aus schwer zu erklärenden Gründen, nach einigen Jahren zum „König“ krönen ließ. Mit diesem sakralen Akt wurde sie zu einem Gott erhoben. Dieser Umstand ist dem frühen natürlichen Tod ihres Gemahls zu verdanken gewesen.
Mit der Einführung kann sich der Leser einen guten Überblick über das damalige Königtum verschaffen. Auch ihre Vorfahren und Vorgänger werden vorgestellt. Danach beginnt die eigentliche Biographie, mit den ersten Lebensjahren dieser Königstochter von Thutmosis I. Leider ist dazu aber recht wenig bekannt. In chronologischer Abfolge wird nun Hatschepsuts Lebensweg beschrieben. Wie sie Regentin wird, ihre Krönung und ihre Jugend im Bildermythos. Die Personen in ihrem Umfeld, von denen der Beamte Senenmut hervorzuheben wäre, geben weitere Auskünfte über ihr Wirken und Schicksal. Eines der ausführlichsten Themen im Buch ist die Beschreibung zur Expedition nach Punt. Eine mehrmonatige (Schiffs-)Reise in ein Land, das den Ägyptern viele Güter, Tiere und Luxus lieferte. Anhand der Reliefs am Tempel von Deir el-Bahari, kann diese Expedition sehr gut nacherzählt werden. Was dabei der Wahrheit entspricht, läßt der Autor manchmal offen. Da die Relief-Bilder nicht immer exakt ein realistisches Bild wiedergeben.
Die Kapitel Hatschepsut als kriegerischer Pharao und als Bauherrin, wobei die wichtigsten Bauten (Rote Kapelle, Obelisk, Deir el-Bahari, Gräber) erwähnt werden, geben Auskunft über ihre Taten. Das Kapitel "Die letzten Jahre" fällt sehr kurz aus. Neuere Erkenntnisse über die Todesursache Hatschepsuts, sind leider nicht in das Buch eingearbeitet. Und auch über ihre wiederentdeckte Mumie im Tal der Köinge, im Jahre 2007, wird nichts mitgeteilt.
Der Autor schließt sein Werk mit einer Zusammenfassung ab, in der er nochmal betont, dass während der Herrschaft Hatschepsuts, stets ein Mitregent an ihrer Seite saß: Thutmosis III. Der darauffolgend einer der größten Pharaonen Ägyptens werden sollte. Hat er dies nicht auch seiner Stiefmutter Hatschepsut zu verdanken gehabt? Sicherlich naheliegend, denn eine erfolgreiche Herrscherin war die Pharaonin gewiß und sie führte ihn ein in das Königtum, mit ihrer Erfahrung und ihrer Stärke.
Sachlich und stets orientierend an gesicherten Ereignissen sowie an Inschriften, vermittelt der Autor dem Leser ein rundes Bild über das Leben dieser außergewöhnlichen Königin. Das Buch ist in Schwarz-Weiß gehalten mit etlichen Abbildungen. Ägyptologische Vorkenntnisse sind nicht unbedingt erforderlich; der Autor schreibt sehr verständlich. Dieses Buch ist insbesondere der weiblichen Leserschaft zu empfehlen, weil die ägyptische Macht damals mit ganz wenigen Ausnahmen, immer männliche Herrscher hervorbrachte; damit aber wird nicht nur die Regel bestätigt sondern auch ein einzigartiger Fall in der Historie dargestellt, der diesem Ereignis heute in unserer modernen Zeit viel Aufmerksamkeit schenkt. Obwohl über die Pharaonin Hatschepsut so gut wie nichts Persönliches oder Individuelles aus den Quellen bekannt ist, lassen heutige Erkenntnisse doch Vieles aus dem Dunkel der Geschichte wieder aufblühen. Der Leser gewinnt ein durchaus positives Bild über Hatschepsut.
Weitere Herrscher aus dem alten Ägypten in dieser Buchreihe sind: Ramses II., Alexander der Große und Kleopatra.
(Anja Semling, im August 2014)
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